"When they see us" ist mitreißend, emotional und hoffnungsvoll. Auch wenn die Geschichte ziemlich harter Tobak ist, ist es gut, dass sie nun endlich erzählt wurde. In vier Episoden bekommen wir die tragische Geschichte fünf afroamerikanischer Jugendlicher zu sehen, die erschreckender nicht sein könnte.
Worum geht es in "When they see us"? Die Serie erzählt die Geschichte von Antron McCray, Korey Wise, Kevin Richardson, Yusef Salaam und Raymond Santana. Im Jahr 1989 halten sich die fünf im Central Park in New York auf, um den Abend mit Freunden zu verbringen. Zeitgleich findet die Polizei eine Frau im Park, die vergewaltigt und schwer verletzt wurde. Ohne überhaupt handfeste Beweise zu haben, macht die Polizei und die Staatsanwaltschaft Jagd auf die Jugendlichen, die einfach zur falschen Zeit, am falschen Ort waren. Auch wenn sie alle unschuldig sind, werden sie festgenommen! Dabei sind die Jungs gerade einmal zwischen 14 und 16 Jahre alt - also fast noch Kinder! Während der Ermittlungen und des Prozesses ignorieren die Ermittler die Tatsache, dass es keine Beweise gibt. Stattdessen schüchtern sie die Jungs so ein, dass sie mit Gewalt und Psychospielchen unwahre Geständnisse aus ihnen herausquetschen. Letztendlich kommt es zur Verurteilung.
Eine wahre Begebenheit
Zunächst sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die erzählte Geschichte in "When they see us" nicht der Fiktion entspringt. Die Netflix-Serie basiert tatsächlich auf einer wahren Begebenheit. Dieses Hintergrundwissen macht das Serienerlebnis noch schockierender und emotionaler! Die Vorstellung, dass den fünf afroamerikanischen Jugendlichen so eine Grausamkeit widerfahren ist, ist nahezu unvorstellbar. Der Fall hat damals - zu recht - hohe Wellen geschlagen. Wie konnten die Ermittler es zulassen, dass die Kids ohne feste Beweise verurteilt wurden? Außerdem ist es ein Verbrechen, dass ihnen jegliche Rechte entzogen worden sind. In der Serie sieht man, dass auf die Jugendlichen während des Verhörs eingeprügelt wurde und die Minderjährigen anfangs nicht einmal ihre Eltern sehen durften. Nicht einmal Kevin, der gerade einmal 14 Jahre alt war, bekam irgendwelche Rechte. Stattdessen tischten sie den Kids falsche Aussagen der anderen auf und boten ihnen augenscheinlich Deals an, um ein Geständnis zu erzwingen. Die ganze Verurteilung basierte also nur auf Spekulationen und heißer Luft. Erst viele Jahre, als Yusef, Kevin, Korey und Co. bereits im Gefängnis saßen, kam die Wahrheit ans Tageslicht. Dabei hätten die Ermittler bereits schon viel früher darauf kommen müssen!
Golden Globe und Emmy - Asante Blackk hat's verdient
Zweifelsohne legt jeder Darsteller wirklich glaubwürdige Darbietungen ab. Gerade bei den fünf Hauptrollen passt jede einzelne Bewegung und Mimik, um die Emotionen auf den Zuschauer zu übertragen. Doch besonders sollte man die Darbietung von Asante Blackk, der Kevin spielt, hervorheben. Mit gerade einmal 18 Jahren spielt er den 14-jährigen Kevin so unfassbar gut, dass man vor dem Fernsehen sitzt und wie gelähmt ist. In der Serie ist Kevin der Jüngste und wirkt von allen am Hilflosesten. Blackk verkörpert diese Hilflosigkeit so gut, dass man sich schon schlecht vorkommt, weil man ihm nicht zur Seite stehen kann. Für seine Performance in "When they see us" sollte er definitiv Nominierungen für einen Golden Globe und einen Emmy einsacken!
Hoffnung und Prinzipien
Neben der schlimmen Tragödie, die den Jungs in der Serie und auch im echten Leben widerfahren ist, transportiert die Story auch eine weitere Sache: Hoffnung! Unschuldig im Gefängnis zu sitzen muss grausam sein. Und wie wir in "When they see us" vor Augen geführt bekommen, gab es viele Momente, in denen Korey, Yuseef, Antron und die anderen kein Licht mehr am Ende des Tunnels gesehen haben. Doch irgendwie haben sie es dennoch geschafft ihren Prinzipien treu zu bleiben und immer wieder Hoffnung geschöpft. Wahrscheinlich hat ihr Glaube, dass irgendwann die Wahrheit rauskommt, dafür gesorgt, diese schlimme Zeit zu überstehen. So aussichtslos ihre Situation auch schien, sie haben stets daran festgehalten, dass sie unschuldig sind. Und das Festhalten an dem Guten und der Hoffnung, findet in der Netflix-Produktion neben der ganzen Grausamkeit ebenfalls Beachtung. Die Serie vermittelt also auch die Message ans Gute zu glauben und nie die Hoffnung zu verlieren.
Das Leben danach
In den vier Folgen der Mini-Serie wird nicht nur der Prozess gezeigt, nein, es wird sich auch Zeit genommen, das Leben nach der Freilassung zu zeigen. Was hat das Gefängnis aus den Jugendlichen gemacht? Wie reagiert die Gesellschaft auf die unschuldig Verurteilten? In "When they see us" sehen wir, wie schwer es Korey, Yuseef und die anderen im Knast, aber auch in der Welt nach ihrer Freilassung hatten. Die Gefängnisstrafe hatte die Jungs immerhin nahezu von der Gesellschaft abgeschottet. Wie kamen die unschuldig Verurteilten nach all den Jahren in Gefangenschaft in der Gesellschaft klar? Welche Herausforderungen hatten sie zu bewältigen? Auf diese Fragen geht die Serie detailliert ein und lässt sich genügend Zeit, um das Leben nach dem Knast zu thematisieren. Wir als Zuschauer bekommen zu sehen, dass nicht nur die Zeit im Gefängnis schwer war, sondern auch die Anfangszeit danach. Die Netflix-Show bietet uns also einen Gesamtblick auf das Leben der Protagonisten.
Es lohnt sich
Nehmt euch also Zeit und schaut euch die Serie an! Was den Jungs damals passiert ist, ist eine echte Grausamkeit. Es ist so wichtig, dass die Geschichte nun endlich in einer Serie erzählt wurde und mit Netflix als Streaming-Plattform die ganze Welt erreicht. Vielleicht hilft sie ja dabei, dass so etwas nicht mehr passiert. Wobei man natürlich sagen muss, dass es leider immer noch häufig vorkommt, das Unschuldige mangels schlechter Ermittlungen verurteilt werden. "When they see us" bietet uns einen Blick auf das Gesamte. Das Leben vor der Verurteilung, während und nach der Verurteilung.
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